Dienstag, 31. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 12: 31.03.2021

Eine weitere wunderbar erholsame Nacht endete in einer ebenso wunderbaren Snooze-Traum-Serie. Führende Somnologen sagen ja, man soll die Finger von der Snooze-Taste des Weckers lassen und lieber sofort aufstehen, weil man dann fitter wäre. Von mir aus – aber dann verpasst man Snooze-Traum-Serien! Das habe ich ganz häufig dann, wenn mich der Wecker in einem Traum stört ... und häufig gelingt es mir dann durch gezieltes Snoozing den Traum zu verlängern und ihn gleichzeitig ziemlich bewusst und intensiv zu erleben. Dabei haut das Zeit-Traum-Paradox voll rein – auch wenn die Snooze-Phase nur 5 Minuten dauert kann in dem Traum ein ganzer Tag vergehen. Meine letzte Episode heute morgen fand in einer relativ war ein Road-Trip, entweder durch Texas oder Thüringen im Hochsommer ... das konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau erkennen. Die Sonne brannte und ich hielt an einem See um eine Runde schwimmen zu gehen – an dem See stand ein alter Bauwagen der unfassbar lecker duftende Bratwurst verkaufte. Da war es klar: Thüringen! An dem Verkaufsfenster hin ein Post-It:

"Guten Mittag. Heute: Mittwoch. 31.03.2021. Iss die Wurst erst nach dem Schwimmen und kühl dich ab, bevor du in den See springst! Sonst ist das ganz schlecht für den Kreislauf.
Dein Future-Du.“

Ich setze an dazu was zu sagen (hätte ich eh so gemacht) verkneife es mit aber, denn ich habe keine Lust auf eine Diskussion – ich schaue durch das Fenster:

Der Blick geht in den Aufenthaltsraum eine Krankenhauses in dem Schwestern und Pfleger entspannt bei einer Pause zusammen sitzen.

Alle machen einen ganz entspannten Eindruck und unterhalten sich.

Den Gesprächen  entnehme ich, dass es Teil des Konjunkturprogramms war, den Pflegeberuf ganz massiv zu pushen und europaweit neben dem Grundeinkommen von 1500€ pro Person die Regel eingeführt wurde, dass das Einstiegsgehalt von Pflegekräften bei dem Dreifachen des Grundeinkommens liegen muss, wobei der Anteil des Grundeinkommens beim Gesamteinkommen immer steuerfrei bleibt.

Die Anstellungsverhältnisse wurden deutlich flexibler für die Arbeitnehmer und gleichzeitig sicherer, da es so was wie befristete Anstellungen abgeschafft wurde. Das hat dafür gesorgt, dass viele, die den Beruf wegen Stress, Unterbezahlung und miesen Arbeitsverhältnissen an den Nagel gehängt hatten, nun wieder zurück kamen und gleichzeitig deutlich mehr eine Ausbildung in dem Bereich anfingen.

Während ich noch darüber nachdenke, wie sie das wohl hinbekommen haben, das System so massiv zu verändern und auf welchen Säulen die Finanzierung dafür steht, höre ich ein weiteres Gespräch.

„Am Montag geht es wieder los, glaubst du, dass das so wird wie das letzte Mal?“

„Ich glaube, es wird viel entspannter – wir sind dieses Mal ja wirklich viel früher dran und viel besser vorbereitet. Wir haben viel mehr Reserven bei den Betten, weil wir ja nicht mehr eine permanente Auslastung von 80% haben müssen und dieser ganze Effizienz-Scheiß ja Gottseidank abgeschafft wurde.“

„Ja, die Entscheidung plötzlich wieder genau das zu machen, was Kranke wirklich brauchen, das war komplett revolutionär.“

„Auch die Erkenntnis, dass viele tatsächlich einfach auch Zeit und Zuwendung brauchen und man das nicht in irgendwelche beknackten Kostenschlüssel packen kann.“

„Apropos – ich schaue nochmals bei Frau Mayer vorbei!“

„Bis später!“

Ich gehe dem Pfleger hinterher und sehe im Gang auf einem großen Infoscreen ein virtuelles Plakat, auf dem steht: „Freut euch auf den nächsten Shut-Down! In 5 Tagen ist es soweit für eine Runde ThePurge-Reverse! Me-Time und Frühjahrsputz, eine Reise ins tiefste Balkonien! Jetzt schon viel Spaß!“

Verwirrt bin ich während ich noch „WAAAAAAASSSS? WEITERE SHUT-DOWNS????“ denke, sehe ich an dem Info-Screen einen Post-It:


  „Morgen wieder!“
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Montag, 30. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 11: 30.03.2021

Herrlich geschlafen und gestern Abend im heimischen Couch-Kino endlich den neuen Tarantino angeschaut. Da hatte ich ja im Vorfeld vermieden mich zu informieren, um was es da genauer geht – und ich war sehr begeistert. Von den Bildern, der Atmosphäre und von der alternativen Realität – und als ich grade entspannt von einem Fenster in ein Paralleluniversum träumte hing an eben diesem ein gelber Post-It:

"Hallo. Heute: Dienstag. 30.03.2021.
Dein Future-Du.“

„Hey – wegen gestern ...“

" ... das war unprofessionell.“

„Vielleicht nicht so unbedingt sehr souverän ...“

„Sorry ... aber hier bei uns sind auch grade aufregende Zeiten.“

„Aha!“

"Ja.“
„Ja und jetzt?“

„Ich würde vorschlagen: Ich versuche bei Zeiten zu erklären, was ich erklären kann und bis dahin machen wir weiter wie bisher!“

„Ok!“ sage ich ruhig zu dem Post-It und wundere mich selbst über meine entspannte Gelassenheit.

„Echt? Ja gut! Dann: Morgen wieder!“


„Ey! ...Future-Ich ... jetzt lass mich doch wenigstens einen kurzen Blick auf den 30.03.2021 werfen!“

„Was? Achso ... Ja klar ... bitteschön! (Ich muss mich echt etwas mehr konzentrieren ... es ist aber auch stressig graden ...)“

„Ähm ... ich kann dich immer noch lesen ...“

„Hups ... Moment.“

Ich schaue durch das Fenster und folge einem Straßenverlauf. Mein zuschauendes Auge durchfliegt körperlos die Baaderstraße – anscheinend auf dem Weg zu meinem Lieblingsbuchladen, in dem ich viel zu selten bin. Durch die Scheibe des Ladens sehe ich, dass da wohl eine Lesung stattfinden wird. Es ist ein Tisch aufgebaut auf welchem Lebensmittel und sonstige Kochzutaten liegen und hinter dem kleinen Pult ... ja da stehe ich. Mit einem neuen Hut. Cool. Ein gelber Hut, zu den Schuhen passend. So einen suche ich ja schon ewig lange. Mir fällt ein Stapel an Kochbüchern auf mit dem Buchtitel, an dem ich grade schreibe.

Ich sehe weiter ein Plakat auf dem steht: „Lettuce be friends – Ein Abend mit Salat in Wort und Gemüse.“

Das Salatkapitel habe ich grade begonnen zu schreiben und war mir noch unsicher, ob das wirklich rein passt. Aber dann soll es wohl so sein. Mir fällt ein Post-It am Schaufenster auf:



„Morgen wieder!“

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Sonntag, 29. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 10: 29.03.2021

Heute Morgen ist kein Fenster erschienen. Ganz normal, wie geplant hat mich der Wecker um 09:00 Uhr geweckt. Kein Traum, in dem ich zu einem Fenster getaucht bin. Kein plötzlich erschienener Sims. Nirgends ein Post-It.

„Schade!“ denke ich und befürchte, dass diese spannende Verbindung mit der Zukunft vielleicht schon wieder vorbei sein könnte. Ich verbringe den Tag im wesentlichen wie geplant: Bastele eine Snoopy-und-Charly-am-See-Szene, beginne das Knödel-Kapitel im Kochbuch und plane mit KochKollegeKemmler weiter an Hörkunst von morgen. Nach einem, kleinen Instant-Ramen-Imbiss beschließe ich, dem ruf der ermüdeten Lieder zu folgen und bette mich zu einem 20minütigen Power-Nap. Routiniert döse ich weg und schaue dem diffusen Zimmer zu, wie es sich langsam auflöst – und da sehe ich ihn, den Post-It an meinem Fenster:

"Herrje! FRAG NICHT! ... das war vielleicht ein beschissener Tag. E8-Gipfel des Multiversum-Rates ... die Oktopoden waren stinksauer wegen des Forderungspapiers der Delphine ... und dann hat sich das Nanobot-Kollektiv eingemischt, obwohl die gar einen Redeslot gebucht hatten. Totales Chaos! Wie gesagt: FRAG NICHT!
Dein Future-Du.“

„Oktopoden? Nano-Bot-Kollektiv? WAS?“

"Ernsthaft: Frag nicht! Hier ... schau kurz auf den Montag, 29.3.2021!“

„Ehrlich ... du kannst nicht so ein Fass aufmachen und mich dann mit einem „FRAG NICHT!“ abkanzeln und mir dann so einen Schau-Halt-Mal-Hier-Durch-Brocken zuwerfen ... das ist ziemlich unfair! Du kannst doch nicht mit Nano-Oktopoden und einem Delphin-Kollektiv kommen und mir dann die 11jährige Nachbars-Moni zeigen, wie sie Risotto kocht, was sie in der Quarantäne gelernt hat!“

„Nanobot-Kollektiv, Oktopoden und Delphine ... und woher wusstest du das mit der Nachbars-Moni? Kinder, die kochen gelernt haben wollte ich dir heute zeigen ...“

„Ich hatte so eine Ahnung!“

"Verblüffend!“
Ich wende mich Richtung Fenster und sehe den Post-It:


"Morgen wieder!“

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Samstag, 28. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 9: 28.03.2021

Ganz und gar unerwartet führte mich ein besonders schräger Traum in ein Fenstergeschäft, da ich mir sicher war, nach einem Einkauf in der kleinen Käserei noch zwei oder drei Pfund Schiebe-Kipp-Fenster zu brauchen, weil man ja nie genau weiß dieser Tage, ging ich beherzt in den Laden und fragte den hinter dem Tresen stehenden Fensterfachgeschäftsmitarbeiter, was er denn da so da hätte, er zeigte mir ein sehr hübsches Exemplar in Türkis, an ihm hing ein Post-It:

"Grüß dich! Heute ist der 28.03.2021. Sonntag.
Dein Future-Du.“

Da ist mein Future-Ich ja nicht grade sonderlich gesprächig.

"Tschuldi ... bin heute knapp dran ... ich hab einen Speakerslot beim Raumkrümmungskongress."

Ähm ... Was?

"Erkläre ich dir wann anders – meine Drohne ist da.“

Uff! Ja sicher! Na klar!
Aber gut ... was haben wir denn da heute. Ich laufe an einem kleinen Ladenlokal vorbei, in welchem eine bunte Truppe an Menschen grade sehr geschäftig werkelt und renoviert. Zwei junge Leute sind damit beschäftigt die Blau-Rote Fensterbeschriftung abzukratzen ... man kann noch „... lternative für Deu ...“ lesen ... der Rest der Beschriftung ist schon runter. Ich höre dem Gespräch der beiden zu.

„Mega, dass wir den Laden bekommen haben – ich freue mich riesig drauf.“

„Die Ironie des Schicksals ist schon sehr lustig.“

„Finde ich auch, dass wir den Laden ausgerechnet in dem ehemaligen Büro der AfD aufmachen ... spitze ... wir dachten kurz dran den Laden „Alternative für Deine Ernährung“ zu nennen, meinten aber dann, dass wir lieber froh sind, dass die Trottel erst mal weg sind.“

„Kam ja schon etwas überraschend, dass die sich einfach so von heute auf morgen aufgelöst haben.“

„Naja ... wegen Irrelevanz geschlossen – aber krass wie sehr die wirklich gar nix beitragen konnten bei einer echten Krise ... das hat echt der letzte Trottel gemerkt.“

Ich freue mich und bin jetzt richtig gespannt, was da für ein Laden rein kommt. Ich höre den beiden noch weiter zu.

„Nachdem dann das Grundeinkommen kam zusammen mit der Sozial- und Bildungsreform ... da war die AfD so übel themenlos. Da war der Entschluss, dass sie sich auflösen fast schon bewundernswerte Konsequenz.“

„Trotzdem sehr lustig, dass wir jetzt ausgerechnet den Laden von denen übernehmen.“

„Hihihi – ja sehr! Ein syrisches Nachbarschafts-Café, in dem nur Geflüchtete arbeiten. Dazu arabische Delikatessen.“

„Auch klasse, dass sie damals diese fiesen Lager aufgelöst haben und die Integration endlich so dezentral organisiert haben, wie das sein soll ... und dass sie diese bescheuerten Arbeitsbeschränkungen aufgehoben haben.“

„Ja auch das hat den AfD-Ulfs ordentlich Wasser abgegraben ... schön, wie man eh miesen Argumenten beim sterben zuschauen konnte.“

Die beiden arbeiten gut gelaunt weiter.

Zwei andere hängen ein Schild über der Tür auf – darauf steht. „SAMAR – syrisches Café und Begegnungsstädte für interkulturelle Kreativität“

„Sag, was heißt noch mal SAMAR?“ fragt der eher westlich Aussehende der beiden Scheibenkratzer.

„Das kommt aus dem Arabischen und heißt ungefähr so viel wie „bis weit nach Sonnenuntergang aufbleiben und mit Freunden eine gute Zeit verbringen“ ...  kann man aber nicht so richtig übersetzen.“ antwortet der eher mittel-östlich Aussehende.

Eine paar andere Leute fangen an Tee an Passanten zu verteilen.

Ich will noch einen Blick durch die Scheibe ins innere werfen, da sehe ich einen Post-It:

"Morgen wieder!“

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Freitag, 27. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 8: 27.03.2021


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Nach einem kleinen Schlummertrunk (es war ein Dram von einem  köstlichen 11 Jahre alten Miltonduff aus dem Madeira-Fass) schlief ich diese Nacht wie ein sehr müder Stein nach einem Marathonlauf und wachte putzmunter kurz vor dem Klingeln meines Weckers auf. Der Wecker stand auf dem Fenstersims (aber da ist doch eigentlich gar kein Fenster) ... an dem Fenster hing ein Post-It:

"Es geht wieder! Der MultiversumsTimeSwitch hatte tatsächlich einen  Produktionsfehler. Nun gut. Schau durch das Fenster – es ist der 27.3.2021.
Dein Future-Du"

Ich sehe durch das Fenster und sehe mich in meinem Wohnzimmer – ich sehe fern und es laufen Nachrichten.
Es spricht eine Dame, die ich nicht kenne – die erklärende Bauchbinde verrät: Es ist die „Europäische Ministerin für Gesundheit“ und sie ist grade mitten in einer Rede:
„ ... die Entscheidung alle Gesundheitssysteme der Länder in Europa zusammenzulegen kam aus der Erkenntnis heraus, dass einem Virus Landesgrenzen ziemlich egal sind und ein epidemiologisches Problem nicht von einem Land alleine geregelt werden kann. In der weiteren Analyse der Probleme, welche die einzelnen Länder hatten zeigte sich, dass so gut wie alle Länder im Vorfeld die gleichen Fehler gemacht haben: Privatisierung, reines Kosteneffizienzdenken, Sparmaßnahmen überall, Gewinnstreben von Krankenhäusern, unterbezahltes und überlastetes Personal – um nur einige dieser Fehler zu benennen. Nach einer intensiven und umfassenden Studie der Situation hat der neu gegründete EUROPÄISCHE RAT FÜR VERNUNFT einstimmig beschlossen in der Neuordnung des europäischen Gesundheitssystems diese Fehler nicht erneut zu begehen. Wir sorgen zudem dafür, dass es keinen Anreiz mehr dafür gibt, dass die reichen Länder den armen Ländern die Pflegekräfte weg engagieren durch das neue Antiassozialitätsgesetz. Im Programm kombinieren wir den kompletten Umbau des Gesundheitssystems mit einem Gesundheits-Konjunkturprogramm mit massiven Aufstockungen beim Pflegepersonal, neuen Kliniken, immenser Anhebung der Bezahlung, Arbeitszeitflexibilisierung und  ... “

Da klingelt mein Wecker und ich schrecke hoch – am Wecker hängt ein Post It:
"Morgen wieder!"

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Donnerstag, 26. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 7: nochmals irgendwann wahrscheinlich 2030


Der MittagsMojito zum Allerlei von der Erbse mit rosa Lamm, SteinpilzPolenta und Spicy Chakalaka tauchte den Nachmittag in wohlige Watte und führte zu einem überaus angenehmen Abend mit Tee und einem leichten Gemüsesüppchen und einem nachfolgenden frühen Zubettgehen mit einem ungemein entspannenden Traum, der sich im Wesentlichen beim Schnorcheln in maledivischem Gewässer abspielte. Ich tauchte durch einen überaus bunten Fischschwarm und sah am Meeresboden einen alten Fensterrahmen, woran ein Post-It klebte:

"Was ein Schrott ... den MultiversumsTimeSwitch muss ich einschicken ... nicht mal in der Zukunft funktioniert der Technik-Quatsch ... ich habe jetzt meinen alten ParallelUniverseWormholeTransmitter (PUWT) zwischengeschaltet ... der ist leider echt ungenau ... du bist aber wieder irgendwo ungefähr 2030 ... roundabout. Viel Spaß beim Durchschauen – morgen dann wieder chronologisch ... hoffe ich ... *Augenrollsmiley*
Dein Future-Du"
Finde ich jetzt gar nicht schlimm, das fand ich gestern sehr inspirierend, warf Fragen auf und machte mich ungemein neugierig
Mein Blick fällt auf eine Straßenszene – ich glaube, das ist die Münchner Fraunhoferstraße. Ja doch, ist sie. Ganz schön was los auf der Straße. Aber keine Autos. Ungefähr 4 Meter über der Straße ist eine Art schwebender Weg, der aus einer Art Rauchglas gebaut zu sein scheint, darauf sind entspannte Radler unterwegs. Auf der Straße scheinen alle Verkehrsmittel zu schweben ... nein ... ich korrigiere: Sie schweben!! Die Sraßenbahn: schwebt!! Dann gibt es recht unterschiedliche Geräte, die aussehen, wie die großen Brüder dieser beknackten E-Roller – und auch die schweben. Und das ziemlich flott und unchaotisch auf geordneten Bahnen.

Verdammt ... wo bekomme ich denn jetzt die Info her, wie das wieder möglich geworden ist ... da hängt ja jetzt sicher nicht an jedem von den Teilen eine Infotafel dran.

Da sehe ich auf dem Rucksack eines vorbeischwebenden Typs einen Post-It:


"Das kann ich dir erklären, so ungefähr – natürlich liegt die Basis für diese Schwebetechnik auch in den Bleib-Zu-Hause-Phasen. Da hat sich das Home-Löt-Kollektiv (HoLöKo) gegründet, eine lose Gruppe von Verfahrens- und Elektrotechnikern, Quantenphysikern, Materialwissenschaftlern und
Finnougristik-Studenten, ganz ähnlich, wie die Mädels und Jungs, die diese coolen Algen gezüchtet haben. Jedenfalls haben die HoLöKos so lange ... ja ... ich nehme mal an ... rumgelötet ... das ist nicht so mein Fachbereich, weißt du ..."

Ja, kann ich mir vorstellen ... wieso aber Finnougristik-Studenten?

„Finnougristen können alles! Hat sich rausgestellt  ... wer so saukomplizierte Sprachen lernen kann, der kann auch sonst alles ... wusste man bis dahin auch nicht ... lange hielt man die ja für die noch nerdigeren Geschwister von Slavisten und Byzantinisten ... das waren aber sehr falsche Vorurteile!"

Aha!
"Jedenfalls haben die beim Rumlöten eine unheimlich effiziente, materialschonende und im Prinzip ohne Elektrizität funktionierende Form des magnetbasierten Antriebs erlötet ... und in einer Phase der Vernunft wurde das dann fast überall verlegt. Finde ich auch immer noch verblüffend ... nach all den Jahren!"

Ich schaue fasziniert auf das harmonisch schwebende Bild des fast komplett geräuschlosen Straßenverkehrs und atme dabei die angenehm gute Luft ein. Dann muss ich husten, weil ich mich im Traum verschluckt habe, da bin ich ja schließlich unter Wasser beim Tauchen. An dem Fensterrahmen hängt ein neuer Post It:

"Morgen wieder!"
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Mittwoch, 25. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 6: irgendwann wahrscheinlich 2030


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Gestern Abend indisch gekocht und mit einem schlimmen Fresskoma ins Bett gefallen – fresskoma-typisch unruhiger Schlaf ... beim verschwitzen Umwälzen sehe ich das Fenster mit einem rosanen und etwas verbeulten Post-It:

"MultiversumsTimeSwitch noch immer buggy ... ChannelStability funktioniert nicht ... Year on random. Schau durch ... aber Achtung ... das ist deutlich weiter in der Zukunft. Mindestens 10 Jahre ... kann ich grade nicht genau sagen.
Dein Future-Du"

KRASS! Ich hoffe auf Science-Fiction ... und werde nicht enttäuscht!

Ich schaue durch das Fenster und es ist Nacht. Ich sehe wieder mich, wie ich durch das Glockenbachviertel laufe. Wie ich mich kenne auf dem Weg in eine Bar ... ich sehe nach Negroni-Stimmung aus, also wahrscheinlich auf dem Weg ins Pacific Times. Ich werde von Menschen gegrüßt. Das ist ja nett. Kennen die mich?
Mir fällt diese seltsame Lichtstimmung auf? Es ist Nacht, aber dennoch irgendwie sehr angenehm beleuchtet. Mir fallen Säulen auf, die überall rumstehen und ein tolles sphärisches Licht abgeben. Dankenswerterweise mag die Zukunft scheinbar Erklärtafeln, denn an den  Säulen hängt folgender erklärender Text:

„CO®O-N ist eine bioluminiszente Alge, die CO2 aus der Luft filtert und für sich in Nährstoffe umbaut – bei diesen Verarbeitungsprozessen leuchtet die Alge. Ganz unwissenschaftlich spricht man dabei von “umgekehrter Fotosynthese“ – neben der Lichtenergie setzt die Alge als Abfallprodukt noch Elektrizität frei, die wir in Kürbisbatterien speichern. Die Grundlage für diese Technik stammt aus dem Jahre 2020, als durch einen Virus das damalige Wirtschaftssystem fasst vollkommen zum Erliegen kam und sich eine Gruppe Bio-Chemiker, Botaniker, Schriftsteller und Sommeliers mehr oder weniger aus Langeweile zusammen fanden unter dem Motto „Viele Fliegen – eine Klappe: Was wir schon immer mal lösen wollten!“ – Seit 2029 sind die CO®O-N-Säulen fast auf der ganzen Welt im Einsatz.“

Während mir weiter auffällt, wie angenehm ruhig es ist, fällt mir außerdem auf, dass ich nirgends ein Auto sehe – dabei denke ich: „Kürbisbatterien? Was sind denn Kürbisbatterien?“

An der Erklärtafel hängt ein Post-It:

"Morgen wieder!"

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Dienstag, 24. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 5: 24.03.2021


Nach meinem ersten Abend in der virtuellen Skatkneipe (Shoutout an die Zock-Kollegen DonCorleone22 und Zaphod18) war mir ein bisserl schlecht von dem Eimer Wasabi-Nüsschen, die ich dazu gefuttert habe ... ich befürchtete eine schlaflose Nacht ... und werde nicht enttäuscht. Um 03:00 Uhr war ich wach und um mich herum waren mindestens ein Dutzend Fenster unterschiedlichster Bauart. Hinter jedem sah ich ganz unterschiedliche Fragmente des täglichen Lebens, dann sah ich eines mit einem Post-It dran:

"Hupsi ... hier ist es grade etwas chaotisch. Mein MultiversumsTimeSwitch bekam ein neues Betriebssystem und jetzt wackelt die ChannelStability ... SorrySorry ... schau durch dieses Fenster ... das bringt ein bisserl Entspannung.
Dein Future-Du"

Ein MultiversumsTimeSwitch? Cool! Ist das von Apple?

"Hahahaha ... ja klar ... *brüll* ... genau ... saulustig ... genau mein Humor!“

„Da hab ich Recht!“ denke ich.

Ich schaue durch das Fenster  und sehe meinen Garten. Der schaut aber ja mal gar nicht aus wie immer. Der ist sehr hübsch hergerichtet. Stilsicher beblümt und bepflanzt mit einer Kräuterwand an der angrenzenden Garage, einem feinen Grillplatz und einer Art draußen wachsender Salatbar. Durch den Garten ist unsere Hängematte gespannt, in der grade niemand liegt, daneben steht ein kleiner Tisch auf dem, was vollkommen richtig ist, ein Mojito steht. Ich bin sicher, dass die Minze aus dem Hochbeet stammt an dem „Minzbeet“ und in welchem, wenn ich das richtig sehe 6 unterschiedliche Minzsorten prächtig gedeihen (Pfefferminze, Bergamotte-, Erdbeer-, marokkanische Nana-, Zitronen- und Schokoladen-Minze).

In dem Hochbeet mit Basilikum, auf dem konsequenterweise „Basilikumbeet“ steht (ich erkenne Roten Basilikum, Thai-, Pistou- und Genoveser-Basilikum), sehe ich Jonas, unser Haus- und Hofeichhorn. Er mümmelt durch das Beet und sucht entweder eine Nuss oder versucht eine zu verstecken oder er macht einfach sein Eichhorn-Ding. Gut schaut er aus ... irgendwie ist er sauberer als sonst, als hätte er ein entspannendes Bad genommen.

Ich schaue auf die aktuelle Fensterbemalung – in der Mitte klebt ein Post-It:

"Morgen wieder!"

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Montag, 23. März 2020

Heute in einem Jahr - Folge 4: 23.03.2021


Wirre Nacht. Habe geträumt, mit einem versoffenen Gordon Ramsey eine Reportage auf den Kanaren zu drehen. Gordon, unrasiert, Zigarre rauchend, riecht schwierig, spricht aber perfekt deutsch mit leicht hanseatischem Einschlag. In der Sauna des Hotels traf ich eine Bekannte, die in Tränen ausbrach als ich sagte, dass ich ihre E-Mail mit dem Rezept für Fisch-Eintopf nicht bekommen habe. Danach durchschwamm ich einen venezianischen Kanal mit irre viel Schiffsverkehr ... knalle mit dem Kopf an eine Gondel. Da! Ein rundes Fenster, an welchem ein Zettel hing:

"Warum ist das hier denn so nass?
08:00 Uhr! 
... schau doch mal durch das Bullauge ...
... krasser Traum übrigens! Glückwunsch!
Dein Future-Du"

Mein Blick fällt in ein kleines Geschäft. Darin sitzt Marianne an einem Tisch und bemalt eine Computermaus mit extrem filigranen Motiven des Computer-Spiele-Klassikers „Monkey Island“. Ich kenne Marianne, sie war ein paar Mal bei mir im MEATINGRAUM, wir haben uns gut unterhalten und sie meinte, sie würde auch gerne was anderes machen als ihren Bürojob, irgendwas Künstlerisches – aber ihr fehlt der konkrete Ansatz und sie will die Sicherheit ihres Jobs nicht aufgeben.

Neben der Maus liegt schon ein Mousepad mit ähnlichen Motiven. Das schaut ja echt saucool aus. Der Laden heißt „I Tattoo Your Things!“

Vor Marianne steht ein Typ (Baureihe: 
Benutzername GuybrushT42 oder ähnlich). Offensichtlich freut er sich schnitzelig auf seine neuen Accessoires.

Die beiden plaudern und er meint wie großartig er die Idee von dem Laden findet.

Marianne sagt:
„Die Idee kam beim Shutdown, als man nicht mehr raus durfte ... da hab ich angefangen Alltagsgegenstände zu bemalen und bei Instagram zu posten. Das sahen Freunde und fragten, ob ich das mit individuellen Motiven auch für sie machen würde. So gings los. Mittlerweile sind wir zu dritt und haben Wartezeiten von Wochen. Hätte ich mich nie getraut, wenn  nicht tatsächlich das Bedingungslose Grundeinkommen gekommen wäre!“

Hinter Mariannes Arbeitstisch ist ein Fenster. Ein Post-It hängt dran.

"Morgen wieder!"

Weiter mit Folge 5