Posts mit dem Label ProWein werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label ProWein werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 7. April 2013

ProWein - Tag 2

Soderlere - nun endlich die Aufarbeitung des zweiten Tages bei der ProWein 2013.















Tag 2 startete mit einer neuerlichen Expedition durch Deutschland und begann fast schon traditionell bei Clemens Busch und der Verkostung seiner aktuellen Phalanx an Rieslinggroßartigkeiten von steilen Moselschieferböden.

Der aktuelle Jahrgang kommt hier deutlich runder und fruchtbetonter in die blaue Flasche. Durchweg elegante Weine mit einem ewigen Nachhall, der nie langweilt und bei aller komplexen Frucht immer ein blitzsauberes mineralisches Gerüst mit frischer Säure mitbringt. Auch die Süßweine spielen in der Champions League und wie immer war das Probieren der durchweg charakterstarken Weine von Rita und Clemens eines der Verkostungshighlights und das schon zum zarten Beginn von Tag 2.

Beim weiteren Durchschreiten der deutschen Halle fiel auf: Auch deutsche Winzer entdecken zunehmend den Style beim Etikettendesign. Verrankte etikettale Altmode weicht mehr und mehr Design und kreativer Namensgebung ... und das nicht zum Schaden des Weins.

Der Cliffhanger - eine Gemeinschaftsproduktion junger Moselwinzer, die zusammen katastrophal zu bewirtschaftende Moselsteillagen beackern und erhalten und aus diesen einen coolen mineralisch-trockenen Steillagenriesling zusammengebaut haben.



Dann ging es auf eine kleine Rundreise durch das mir noch ziemlich unerschlossene Württemberg und ich bleibe bei Markus Bruker hängen, der seine Weine gleich in einem Verkostungsparkour aufgebaut hat, den ich bereit bin der Reihe nach durchzusüffeln.

 

Auch bei Markus Bruker und somit also auch in Württemberg zeigt es sich einmal mehr: Deutsche Weine können locker mit dem Rest der Welt mithalten. Die Rieslinge haben eine wunderbar knackige Säure ohne dabei sauer zu sein. Der Sauvignon Blanc ist so schön unprätentiös sortentypisch mit seinem frühen Stachelbeeraroma, der Grasigkeit und dem zarten grünen Apfel - den ganzen Tag könnte man den einfach so trinken und sich über die immer besser werdende Laune freuen. 

Und auch die Roten: Keine gaumenverklebenden Traditionsnerver, sondern modern interpretierte Klassik. So machen Trollinger und Lemberger tatsächlich Spaß. Beide vertragen es etwas gekühlt serviert zu werden und dann zu Fleisch ins Glas zu kommen. Gerne im Sommer. Gerne, wenn das Fleisch dann auch noch vom Grill kommt.

Top ist das weiß-rote gemischte Doppel Gretchen und Mephisto:


Das Gretchen ist eine feinsinnige Cuvee aus Sauvignon Blanc, Chardonnay, Grauburgunder und Riesling. Leicht zu trinken aber trotzdem facettenreich. Ein Wein zum Dranfesttrinken - aber auch zur Kombination zu Speisen geeignet - idealerweise zu welchen mit Fisch oder Krustentieren. Im Mephisto cuvieren Cabernet Sauvignon und Lemberger zu dunkelrotem Spaß im Glas. Sehr saftig. Sehr fleischig.  Sehr gerne zu Fleisch, solange es schön rot ist.

Nach einigen weiteren Württemberger Begegnungen, die verlangen, sich mit dieser Region mal intensiver zu befassen, geht es dann in die Pfalz und dort nach kurzem links und rechts mal probieren mehr oder eher viel weniger direkt zum Stand der gut miteinander befreundeten Winzer Markus Schneider und Thomas Hensel.


Verifizierende Schlucke durch das Gesamtsortiment beruhigen: Trotz zunehmender Prominenz und Verbreitung der beiden - die Weine bleiben hervorragend. Driften nicht in den Mainstream ab, behalten ihren Charakter und ihre Individualität. Schade ist, dass der Übermut, der weltbewegende Gemeinschaftsportwein der beiden jetzt nicht mehr Übermut heißt sondern "Hensel & Gretel Rot und Süß" ... WARUM? ... aber mei ... der Inhalt der Flasche bleibt hervorragend.

Nachdem die altbekannten Schneider-Weinchen soweit durch waren fiel der Blick auf einen Unbekannten ... na wer bist denn du?


HolyMoly -- ein Neuer im Portfolio von Markus Schneider. Und bis Dezember muss noch gewartet werden, bis dieser Tropfen zu ordern sein wird. Eine Cuvée aus Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Ein mächtiger Wein, der noch ein bisserl Ruhe gut vertragen kann. Die Tannine sind noch ungestüm aber es ist schon deutlich zu erschmecken, dass da ein großer Wurf auf Gläser wartet. Ob er die Lücke zu dem leider nicht mehr erhältlichen Masterpiece "Steinsatz" schließen können wird bleibt abzuwarten - in jedem Fall hat er das Potential ein richtig Großer zu werden. Komplex, schwer, ein Anflug Schokolade, jede Menge rotes Obst, lange Länge. Nicht ganz günstig. Richtung 35 Euronen Endverbraucherpreis wird er wohl kosten ... 

Und nun passierte, was eigentlich immer passiert: Der gefasste Plan kollidierte mit Realität. 

Der Plan: kurze Tour durch Spanien und den Rest des Tages Frankreich mit einem Schwerpunkt auf den Süden.

Die Realität: Kurzer Halt bei Neuseeland und komplett versackt in Australien.

Was ist passiert? Folgendes ...

So umherschlenderd schwof der Blick und streifte diesen Stand:


Und dann fokussierte der Blick auf den Namen des Weins ... dadada:


Ui!
Potztausend! 
Direkter Befehl an die Füße zu diesen Stand zu lenken und ein weiniges Gespräch mit dem einladend guckenden Mann starten. Dieser stellte sich alsbald als der Inhaber von "Supper Club Wines" heraus und er ziert sich mit dem epochalen Namen Alastair Picton-Warlow. Wir plauderten eine längere Runde über Supper Clubs und ich durchtrank seine Weinrange ... 4 an der knappen Zahl, Pinot Gris, Sauvignon Blanc, Chardonnay und Pinot Noir. Alle sortenrein und typisch ausgebaut und alle gewollt und mit voller Absicht auf "easy to drink" gebürstet. Nette Weine, dochdoch ... aber eben nur nett. Handwerklich sehr ordentlich und auch wirklich leicht zu trinken, aber jetzt eben keine Weine, bei denen Entdeckertränen rinnen. Aber eine sehr sympathische Verkostung.

Und nach dieser sehr angenehmen Runde sagte mein Weinverkostungsplanungszentrum: "Wenn du schon mal hier bist, dann schau doch mal wieder bei den Australiern vorbei!" Und da ich schon mal da war, schaute ich bei den Australiern vorbei.

Start in Australien: Kongarilla Road



Ein sehr gelungenes uns schlichtes Etikettenkonzept - Das Etikett wird immer geziert von einem Blatt der Rebe, die in dieser Flasche als Wein erscheint. Die Weine schauen nicht nur eingeflascht gut aus, nein, auch im Glas ... und dort überzeugen sie dann auch Nase und Gaumen. Hat sich was mit überladenen, marmeladigen, übervanilligen australischen Weinmonstern. Nichts da! Allesamt sind hier von einer wunderbaren Ausgewogenheit im Spiel von Säure und Süße. Ein strammer Körper und immer eine sehr schön herausgearbeitete Eigenart der jeweiligen Traube. Die beiden Shiraz sind Urgewalten im Glas, aber nicht erschlagend. Die roten Beeren haben genug Raum um sich zu entfalten und etwas später gesellen sich Schokolade, Kirschen und Sahne dazu. 

Witzig: Der Terzetto. Eine Cuvée aus Sangiovese, Primitivo und Nebbiolo. Eine Mischung für die man Italien wohl fiesen Ärger bekäme. Was sich wie ein Sakrileg liest, macht im Glas Sinn und geht auf. Absolut ungewöhnlich erinnert diese wilde Mischung an die frühen Supertoskaner. Alle 3 Trauben bringen ihre Stärken gekonnt an die Papillen und es fühlt sich an, wie auf einer Geschmacksachterbahn bei welcher man die Aromen erst in Einzelloopings durchrast und sich am Schluss alle zusammenstürzen. Der Nebbiolo baut eine ordentliche Tanninstruktur und bringt gleichzeitig was Blumiges in den Wein, der Primitivo bringt schweres Obst mit, vor allem Pflaumen und der Sangiovese sorgt mit seiner Sauerkirschnote für die kitzelnde Säure. Und bei jedem Schluck findet man neue Geschmacksaspekte. Der sympathische Weinmacher Kevin O'Brien setzt auf ölologischen Weinbau und hat ein wunderbar stimmiges Gesamtpaket geschaffen.

Schön hier in Australien. Hirn und Gaumen sagen: Bleib doch noch ein wenig länger hier. Wenn die beiden das sagen ...


Ich durchtrinke die Reihe der ulkig etikettierten Killibinbins, die es leider auf dem deutschen Markt noch nicht gibt - in Schweden aber der absolute Renner seien - sagt der Mann hinter dem Tresen ... vermutlich jedenfalls, denn dem Schlag seiner Zunge nach steht und verkostet er dort schon länger. Gute Weine - aber etwas näher am australischen Klischee. Wuchtig und mächtig ... aber schön für Kamin und Winter.

Danach entdecke ich den Stand von Fox Creek. Das freut mich sehr, denn der rote Shiraz Sekt von diesen Herrschaften war vor ein paar Jahren ein echter Favorit von mir: Schwarzwälder Kirschtorte zum trinken. Super.  Mit Blubberbläschen. Und das auch noch mit dem irren Namen "Vixen".


Bitte jetzt keinen pubertären Witze oder Russ-Meyer-Wortspiele ... Danke! Füchsin!

Hier also eine schöne Gelegenheit auch mal den Rest der Weine durchzuprobieren.



 Auch diese Weine gefallen mir, bringen aber keine Begeisterungsstürme. Was mich nervt sind die gewollten Etiketten. Sie passen nicht zusammen und sind immer konsequent am Stil vorbei designed ... und dann sind sie auch noch falsch! Falsch ... na ... wem fällt es noch auf? Der Red Baron? Was soll das denn sein? Der Richthofen Manfred flog in einer roten Fogger DREIDECKER - der DR1. tststs ...

Ich ziehe weiter zu den Weinen von First Drop. Hier habe ich zuvor schon mal einiges probiert ... und war begeistert - und so auch dieses Mal.


First Drop verspricht nicht nur tollkühne Weine mit funky Cover Artwork. Nein, sie liefern auch top Qualität ins Glas. Und das mit einer oft überraschenden Experimentierfreude. Die beiden weinirren Betreiber Matt Gant und John Retsas spielen ganz entspannt mit Montepulciano, der portugiesischen Touriga National, Tempranillo, Barbera oder Nebbiolo - sie beherrschen aber auch sicher die australische Klassik mit Shiraz, Cabernet Sauvignon und Chardonnay. 

Die Weine - wie die grade verkostete "Mutterlinie": Mother of all Harvests, Mother's Milk, Mother's Ruin haben nicht nur coole Namen, sie schmecken auch mehr als überzeugend. Man schmeckt den Enthusiasmus - aber auch das handwerkliche Können. Hier kommt keine Überambition ins Glas sondern sehr stimmig komponierte Weine mit Schmelz und Charakter und sauberer Balance. Die Topweine von First Drop erscheinen unter der Linie Fat of the Lamb ... hier kommen lagenreine Shiraz in die Flasche die Ihresgleichen suchen. 

Nach dieser intensiven Runde war es plötzlich Abend und der Messebesuch neigte sich dem Ende ... links und rechts wurde noch ein kleines Verkösterchen mitgenommen aber in der Mitte war der Blick klar nach vorne gerichtet:


Prost!



Montag, 25. März 2013

ProWein - Tag 1

Es ist wieder soweit. Das vinaldische Duo pflügt über die ProWein auf der Suche nach Großartigkeit und Erhabenheit im Glas.


Traditioneller Tagesstart ist bei Hans Reisetbauer ein Schnapserl, um die Geschmacksknospen zu reinigen. Dieses Mal fand ein wunderbarer Karottenbrand gefolgt von einer sehr wohl geratenen Quitte den Weg auf die vinaldischen Zungen. Den Whisky gibt es heute Abend als Goodbye ... der ist nämlich auch einen Schluck wert, schön schokoladig ist der.

Meine Weinreise begann in China - dieses Jahr erstmal größer auf der ProWein vertreten. Shangri-La, das Synonym für das Paradies, den Ort der Ruhe und des Friedens, irgendwo in Tibet ... warum soll da denn kein guter Wein herkommen. Und da war es fast ein Zeichen, dass auch gleich der erste chinesische Wein, der in mein Glas kam genauso hieß: Shangri La.


Leider setzte kein lieblicher Gesang von weinköniginhaften Englein ein. Der Cabernet Sauvignon war flach und wässrig und ihm fehlte die Saftigkeit. Beim weiteren süffeln stellte sich raus, dass eigentlich alle Weine am Stand Cabernet Sauvignons waren, mal mit etwas Shiraz mit drin ... und leider hat bei der ersten Verkostungsrunde keiner Spaß gemacht. Erster Eindruck der chinesischen Weine: Ja, es ist Wein - und nein: trinken muss man ihn jetzt nicht. Aber der verkostete Querschnitt ist noch zu gering um ein faires Urteil zu prägen und China ist erst zu kurz in der aktiven Weinproduktion um da schon die höchste Stufe der Meisterschaft erreicht haben zu können.
Auffällig war, dass an den chinesischen Ständen ausnahmslos deutlich mehr Personen HINTER dem Stand waren als davor und es sah so aus, als würden die Präsentatoren sie jedes Mal auslosen, wer denn als nächster an die Ausschankfront muss ... und der Verlieren wurde ausgelacht.

Von China ging es nach Portugal. Und das war auch gut so. Ein guter Riecher hat dafür gesorgt, dass ich nur bei wirklich tollen und individuellen Weinen gelandet bin und bei Produzenten, die sich sehr um die Ausarbeitung eines eigenen Geschmacksprofils sind, die versuchen die autochtonen Rebsorten zu pflegen und sie durch den behutsamen Einsatz von internationalen Trauben zu einem runden Ganzen zu assemblieren. Und dazu kommen die Portugiesen in wirklich sehr angenehmen Preisregionen daher.

Insgesamt gibt es rund 400 autochtone Rebsorten in Portugal. Ein kleiner Star unter all diesen ist die Touriga National. Diese Traube wurde bislang hauptsächlich für Portweinproduktion verwendet, erfährt aber mitterweile auch immer häufiger einen reinsortigen Weinausbau bei den Douro. Sie ergibt würzig-kräftige Weine mit einer ordentlichen Tanninstruktur, Waldaromen, lebendiger Frucht nach Beeren und einem Anflug von Kräutern.

Zudem schön: Viele Winzer schaffen es ihren Weinen trotz der traditionellen Verwurzelung zu den autochtonen Reben der Region einen modernen Charakter zu geben ohne sie gleichzeitig zu einem internationalen charakterschwachen Tropfen verkommen zu lassen. Und dabei schaffen Sie es auch das Gesamterscheinungsbild wild und unkonventionell zu gestalten und das stilsicher und nicht gewollt wirkend.

Hier ein paar Beispiele:



Der Brutalis heißt nicht nur so: Er ist eine Macht im Glas! Mit 15% Alc kein Leichtgewicht aber trotzdem bringt er sehr differenzierte Frucht. Er zeigt mächtige Länge, erinnert ein klain wenig an die Opulenz eines Amarone, ist aber knackiger, was Säure und Schwere angeht. Ein Wein wie ein Western. Eine Faust geht nach Westen in Flaschenform. Schwer nicht nur der Wein, schwer ist auch die Flasche - eine Waffe aus extra dickem Glas. Der Produzent verrät, dass allein die Flasche 3€ - ein aufwendig gemachter und liebevoll gestalteter Wein. Good Stuff. ... Im Laden kosten würde der Wein wahrscheinlich um die 20€ - absolut fair!


Der Nocturno heißt so, weil er bei Nacht gelesen wird um zu verhindern, dass in dem heißen portugiesischen Klima die Gärung schon direkt bei der Lese beginnt. Die Kühle der Nacht gibt die Chance in komplett temperaturkontrolliert zu verarbeiten und dabei schon frische Frucht und Mineralität in den Wein zu bekommen. Aufwendig produziert entsteht so ein beeindruckender Wein zu einem noch beeindruckenderen Preis - nicht mal 10€ würde diese extrem gute Soff kosten sollen.

Und noch ein drittes Beispiel:


Diese Flaschen, die ein bisserl so ausschauen, als wären sie von Armani designed, könnte man als portugiesische Boutique- oder Kollektionsweine verstehen. Sie schauen nicht nur in der Flasche gut aus, sie sind auch wirklich gut gemacht. Und sie biedern sich keiner Mode an, was man bei der stylischen Erscheinungsform vielleicht vermuten könnte, sie sind sympathisch störrisch, keine Everybodys-Darling-Weine, sondern charakterstark und vielseitig. Der ganz links im Bild ragende und schwarz etikettierte reinsortige Tourega National ist eine Wucht, mit noch ordentlich ungeschliffenen Tanninspitzen. Der Hübsche in der Mitte hat eine Portion Cabernet Sauvignon dazu bekommen, was ihm gut tut und ihm eine beeindruckend saftige Kraft verleiht. der rechte Gesell war ein Syrah ... ein Rohdiamant, sehr aufwändig gemacht und eine Herausforderung. Echtes Zungenpogo.

Abschlusssüffel am ersten Tag: Herr Smith aus Washington


Charles Smith ist ein Nummer für sich. Ein leicht exzentrischer Weinirrer, der in Washington blitzsauberen Spaß in Flaschen füllt. Schnickschnackfrei und aromenorientiert baut er rundum schöne Weine zusammen. Frischer Riesling, nicht verholzter Chardonnay, Rote mit Schmelz und Kraft. Sein Cabernet Sauvignon ist eine Ansage. Die Weine von Herrn Schmidt: Wer die Gelegenheit hat, der sollte sie mal probieren, da auch diese fair bepreist sind.