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Freitag, 18. März 2016

Retroschmecktive - AltoAdige

Unlängst zelebrierten, ziselierten und zitierten wir die gar leckere Schmackographie von Südtirol. Mit einem wunderbaren Publikum von Kennern der Materie, die den Abend zu einer wirklich wunderbar harmonischen Gesamtleckerei von Schlemmerei und Zusammenkunft werden ließen. Danke euch dafür, das war schön und beim zurückdenken bekommt die Salvation direkt wieder einen neuen feuchten Anschub.

Schmecken wir doch mal retour und blicken zurück in das Menü des Abends.

Wir begannen mit einem schön knackigen Sekt von Haderburg, der als Aperitif ordentlich Startspaß brachte und auch gleich zum ersten Gang wegen sehr leckerer Passgenauigkeit weiter gereicht wurde.

Der erste Gang erschien in Form einer Consommée vom Südtiroler Speck mit einer PilzKäseSchnitte - aufgrund von Gründen gibt es davon leider kein Foto. Aber sie war speckig im allerbesten Sinne, sehr geschmackstief und enorm Südtirol! Der Sekt zu dieser intensiven Suppe war ein ideal spritziger Begleiter.

Beim zweiten Gang zündeten wir die nächste Rakete im ambitionierten FoodWineParing und servierten einen kräftig restsüßen Goldmuskateller. Und im Teller fand sich eine sahnige Soße aus BlauschimmelKäse mit Radicchio, darauf ein KäseSpinatKnödel und geschmorter Radicchio. Um es richtig pervers zu machen gab es noch einen Hauch Trüffel dazu. Die Kombination aus der Süße des Weins und dem Aromentango auf dem Teller war eine wahre Freude und eine geschmackliche Hochpassüberquerung bei strahlendem Sonnenschein aber sehr sehr kaltem Wetter mit der richtigen warmen Kleidung ... (... eine zugegebenermaßen ambitionierte Metapher ... aber nach doppeltem Metapherncheck durch führende Metapherologen kamen wir zu dem Schluss: einfach machen und nicht lang drüber quatschen ... zweiteres hat jetzt wieder nicht so gut geklappt ... aber ... JA! ... ich hör ja schon auf ... seit dem Gang höre ich diese Stimmen ... hören Sie die auch? ... ich glaube, das lag an diesem Radixxx. ... jajaja ... ich mache ja schon beim dritten Gang weiter ... aua!)

Bewusstseinserweiternde Aromenüberforderung in lecker
Beim dritten Gang galt: Auch du wurst hier pfündig!

Es gab eine selbstgewurstete Wildwurscht (vom Hirsch) auf einer LagreinZwiebelJus mit BirnenWirsing und SellerieStampf und Nüssen. Naturdarm - alles andere ist Verpackung, sagt die Münchner Naturdarm GmbH völlig zu recht. Und um noch einen Wurstslogan zu zitieren - es ist eben nicht wurst was in der Wurst ist, gell!

Dazu ins Glas kam die sagenhaft weiche LagreinMerlotCuvée vom Weingut Girlan. Eine sehr feine Kombination zur edlen Wurstigkeit auf dem Teller.

Herr Kemmler beim Wursten - Schritt 1 - Brät herstellen 
Der dritte Gang
Dessert: Wir beschlossen das Mahl apfelig, denn SüdTirol ist nicht nur in Sachen Wein und eh guter Küche vorne mit dabei sondern eben auch das ApfelEpizentrum Europas. Sagt die SüdTiroler Apfellobby. Wahrscheinlich. Deshalb gibt es bei uns ein ApfelGranitée mit ordentlich ApfelSchnaps und einen BirnenSchnaps getränkten ApfelStrudel mit einem RahmJoghurtSchaum. Und dazu gab es noch einen besonders feinen Wein ins Glas, nämlich den exorbitant guten Rosenmuskateller von Franz Haas - ein ganz besonders erlesenes Exemplar der Gattung Süßwein, bei welchem sich das nicht unbedingt subtile flowereszierende Rosenaroma lüstern dem Apfel anschmiegt.

Dessert. Schnapslastig. Hicks.
Es wirklich schöner Abend - und ein Start einer in Etappen weiter wandernden ItalienSerie.

Die nächsten ItalienAbende sind:

14.04. - Toskana-Abend - Große Oper auf dem Teller
16.04. - Kulinarische Italienreise mit Goethe

Für beide Veranstaltungen gibt es noch ein paar Plätze - also schnell sein und zusagen.

Bis bald, in kulinarischer Verbundenheit - Stay delicious!

Montag, 1. September 2014

Experimentierküche - JalapenoPoppers

DER ANFAHRTSWEG

Es ist eine Art Secret Crush. Eine versteckte Gier. Die immer mal wieder hoch kommt und dann meistens zu kulinarischer Enttäuschung führt. Es passiert manchmal, wenn ich es auf der Karte von einem amerikanischen Diner oder einem Mexikaner sehe. Und dann bestelle ich das. Und allermeistens erscheint nach dem spätestens zweiten Bissen über meinem Kopf ein Trauersmiley. Mit einem Tränchen im Geäug. Von was ich spreche? Von JalapenoPoppers.

Das sind mit Käse oder Frischkäse gefüllte Jalapenos. In Backteig oder Panade. Frittiert. 

Irgendwie finde ich die Idee der Poppers so richtig. Jalapeno = gut. Käse = sowieso gut. Frittiert = muss man ja nichts zu sagen.

In der Realität ist aber dann der Füllungskäse mit "analog" meist noch euphemistisch beschrieben. Die Panade erinnert geschmacklich an handgeschöpftes Papier aus dem frühen 18. Jahrhundert, dass zuerst feucht und dann bei einem Hausbrand angekokelt wurde. Und chöne Chilichärfe ... Fehlanzeige. Das einzige was normalerweise eine Kitzel bei den Dingern verursacht sind die bizarren Nebenwirkungen der Geschmacksverstärker, Stabilisatoren und sonstigen unaussprechlichen Zusatzstoffen.

Das ist alles nicht richtig!

Außerdem glaube ich: Die Welt wäre ein viel besserer Ort, wenn alle Menschen mehr Zeit damit verbrächten Chilischoten mit Käse zu füllen und damit Frittierexperimente zu machen. Ich rufe daher auf zu der Aktion "Frittieren für den Frieden"!

Machen Sie mit! Für eine bessere Welt!


DAS EXPERIMENT

Aus diesem Grunde - und aus einem aus komplett heiterem Himmel heraus aufgepoppten Poppersverlangen - beschloss ich: Mach sie doch einfach mal selber.



Ich nehme rote und grüne Jalapenos. Und, weil ich grade so in experimenteller Forscherlaune bin, will ich gleichzeitig noch rausfinden, wie sich ein Maillard gegartes Ei (dazu liest sich hier noch etwas mehr) und gleich ein ganzer (wenn auch kleiner ) Camembert frittieren lässt. Für die Forschung! Excelsior!

Die Chilischoten fülle ich mit a) Bresso, dem frischen Franzosen (oder war das Le Tartare?) b) einem Parmesanschmelzkäse (bizarr und irgendwie obszön ... aber ich mag den irgendwie) c) Ziegenfrischkäse und d) Taleggio.

Sucht mach nach Rezepten zu der Geschichte liest man immer wieder den Tipp, die Jalapenos "sorgfältig zu entkernen" und dann "am besten über Nacht in Milch einzulegen" - damit "die Schärfe ausgewaschen wird". Wat? Wat is los? Das machen wir mal schön nicht. Was soll das denn. Gut - die meisten Kerne müssen raus um Platz für den Käse zu machen. Aber mit der Sorgfalt solle man es nicht übertreiben - ES SOLL JA SCHARF SEIN, verdammt. Warum denkt man denn sonst über frittierte Chilischoten nach. Das macht doch keinen Sinn. Also - nix Milch!

Wir panieren in einer klassischen Panierstraße.


klassische Panierstraße
Das heißt: Erst Mehl, dann Ei, dann Semmelbrösel. Letztere wurden mit geräuchertem Paprikapulver, braunem Zucker und Meersalz gepimpt.

Wichtig: Die letzten beiden Vorgänge einige Male wiederholen.

Dann ab ins Öl.


bruzzel
Als Dipp: Eine Avocado mit einem Schlag Joghurt und einem Schwung japanischer Mayo, etwas Zitronensaft und ne ThaiChili.

Auf dem Teller machte sich das Ganze ganz adrett - optisch aufgehübscht mit ein paar eben noch dazu frittierten Rosenköhlchen.


es ist angerichtet
DER GESCHMACK

Ja. Mhm. Also schon mal aus dem Stand besser als alle Poppers, die ich bisher probiert habe. Mein Käse-Favorit ist der Taleggio. Der behält schön sein Eigenaroma und bekommt eine Spitzenkonsistenz. Der Ziegenfrischkäse macht seine Sache auch gut und er behält eine Eigenständigkeit gegen die Jalapeno. Bei dem Kräuterfrischkäse geht das Kräuteraroma flöten. Davon bleibt nach dem frittieren einfach kaum was übrig. Und der Parmesanschmelzkäse schmeckt ein bisserl ranzig.

Scharf? Mei ... es sind halt Jalapenos. Aber soooo scharf sind die ja nun auch wieder nicht. Also schon scharf ... und jetzt nichts für totale Capsaicin-Legastheniker ... aber für jeden der gerne von sich sagt "klar esse ich gerne scharf" ... für den ist das machbar. In Milch einlegen ... pffft. Das frittieren nimmt ihnen auch einen guten Schwung an Schärfe by the way.

Leckerer TV-Snack ist das - etwas aufwendig ... und jetzt auch kein vollendeter Health Food. Aber auf jeden Fall gschmackig.

AUSBLICK, FAZIT, ÄNDERUNGEN IM VERSUCHSAUFBAU

Da geht noch was - kurz aufgelistet, was hier in weiteren Testrunden berücksichtigt werden wird:


  • Die Panade war etwas fest ... da gibt es Entwicklungsfelder: Bierbackteig. Tempura. Mehrere sanfte Paniervorgänge mit Zwischenkühl- und Erholungsphasen. Parmesankruste.
  • Die Jalapenos hatten für meinen Geschmack zu viel Biss. Lösungen könnten hier sein: schälen oder vorher blanchieren (wenn das, dann BEVOR man die Kerne entfernt, denn sonst verschenkt man die Schärfe wohl ziemlich)
  • Ist man bei Käse jemals am Ende? Weitere Käsefüllungsexperimente: Gouda, Münster, Ziegenfrischkäse + Ziegengouda ... da geht noch was!
  • Der Dipp: Mei ... schon gut - aber was Tomatiges wäre meine ich spannender. Beim nächsten Test sehe ich etwas in Richtung Salsa. Und was ist falsch daran Käse in Käse zu dippen? Ein BlueCheeseDip klingt in meinen Ohren auch richtig.
  • Bacon? Mit Bacon füllen? Bacon statt Panade? Bacon unter der Panade? Die Antwort auf alle Fragen: Ja!
Wir sehen uns wieder beim nächsten Test!