Dienstag, 19. Mai 2020

Heute in einem Jahr - Folge 34: 19.05.2021

Ich muss sagen – dieser letzte Blick in die Zukunft, den mochte ich ... bei dem Gedanken an Philipp Amthor als bescheuert verknallter Mastermind hinter allen Verschwörungen, da muss ich immer noch grinsen ... sicherheitshalber sollte ich die Geschichte einfach selbst schreiben ... bei all den Paradoxa und Inkongruenzen. Das nehme ich mir einfach mal für morgen vor.

Schlecht geschlafen habe ich trotzdem. Manchmal braucht es dafür ja auch keinen konkreten Grund. Es war wieder so, als hätte ich das Einschlafen verlernt. Ich hasse das ... man liegt wohl gebettet ... und schläft einfach nicht ein. Irgendwann rutschte ich dann, wie immer in solchen Situationen, in unruhige Kurzschlaf-Episoden mit wirren, halbwachen Träumen. Dieses Mal ging es um Verfall. In einer Sequenz hielt ich ein flammendes Plädoyer für Nachhaltigkeit und darüber, wie bescheuert es ist, sich jedes neue Apple-Notebook kaufen zu müssen, und dass meines dieses Jahr seinen 8. Geburtstag feiern wird ... kaum gesagt fing das Notebook an zu verfallen und verwandelte sich in eine Art Computerzombie.

In der nächsten Traumepisode lösen sich meine Backenzähne auf ... das ist sehr ätzend. Ich gehe zum Zahnarzt. Der Zahnarzt beginnt zu bohren. „Da ist irgendwas!“ sagt er. „Da ist ... da ... da ist ja eine Tür unter ihrem Backzahn ... warten sie ... ich klingele mal!“ Er klingelt. Es klingelt.

Es klingelt in meinem Kopf. Ich gehe zur Tür und öffne. Vor der Tür steht mein Zahnarzt. Ich bitte ihn herein und serviere im Tee und Gebäck. Ich habe den Eindruck, der Zahnarzt schaut mit einer Mischung aus Vorwurf und Skepsis auf die Kekse. Das versuche ich lächelnd zu ignorieren und widerstehe dem Drang mit der Zunge an meinen Backenzähnen rumzuzüngeln ... auch aus einer recht manifesten Angst davor, dass es in meinem Wohnzimmer feucht werden könnte. Ich möchte Tee einschenken. Auf der Teetasse klebt ein Post-It:

"Wir machen heute noch Mal was Positives, oder? Nach der Nacht?!
Dein Future-Ich“


Dieses Mal öffnet sich ein Fenster direkt in der Teekanne und ich sehe strahlenden Sonnenschein – logisch – ist ja auch die Sonnengruß-Yogi-Teemischung.

Ich fliege körperlos durch die Baaderstraße und erfreue mich wieder an der Vielzahl kleiner kreativer Geschäfte. Ich fliege durch die saubere Luft vorbei an einem kleinen Café, das „Dolphin & Octopus“ heißt. Daneben ist eine kleine Agentur, sie heißt „dotorgpunktcom.de – Agentur für Alles und gegen Eintönigkeit“- da schaue ich mal kurz rein, weil mir der Name so gut gefällt.

Ich höre den Gesprächen der Leute im Raum zu und versuche mir einen Reim darauf zu machen, was die wohl anbieten könnten. Gar nicht so kompliziert. Sie haben sich auf Burn- und Bore-Out-Prophylaxe spezialisiert und bieten Firmen Konzepte an, die dabei helfen, Mitarbeiter nicht zu verheizen oder sie in Phasen, in denen weniger zu tun ist zu verlieren. Das bunte Team aus Psychologen, Diplom-Sportlehrern, Philosophen, Köchen, Finnoukristen und noch ein paar weiteren Spezialisten und Allroundern bietet dabei Einzel- und Gruppencoachings an und hilft Mitarbeitern dabei Leerlaufphasen sinnvoll zu nutzen und ihre Work-Life-Balance so zu planen, dass es da eine tatsächliche Balance gibt. Wieder eine gute Idee.

Ich schwebe weiter in die Kaffeeküche. Neben der Kaffeemaschine steht ein Typ mit leichtem Hipster-Einschlag. Er zieht was aus seiner Jacken-Innentasche was ausschaut, wie ein silbernes Zigaretten-Etui. Er öffnet es und nimmt ein cremefarbenes Origami-Papier heraus. Während er auf seinen doppelten Espresso wartet faltet er mit schnellen und sauberen Bewegungen eine winzig kleine Espresso-Tasse aus dem Papier. Als der Kaffe fertig ist, stellt er das kleine Origami-Kunstwerk auf die Maschine und setzt sich mit seinem Espresso auf eine mitten im Raum hängende Schaukel. An der Wand steht in karolingischen Minuskeln: „Schnauze voll? Erst mal schaukeln!“

Hier würde ich auch arbeiten, denke ich und werfe einen Blick auf die gut gepflegte La Marzocco Siebträgermachine. Ein Post-It klebt an ihr:


"Morgen wieder!“

Weiter mit Folge 35

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