Donnerstag, 7. Mai 2020

Heute in einem Jahr - Folge 28: 07.05.2021

Gestern Abend entschlummerte ich nach leichtem Abendessen (Ja, es war die Gigantos-Platte vom Griechen ... und die gemischten Vorspeisen ... und das Mousaka) und einem Krug Felsquellwasser (Ok. Ouzo! Guter Ouzo!) geschmeidig ins Traumland. Federleicht (tatsächlich!) wanderte ich durch einen Wald (Perlacher Forst? Möglich!) und landete auf einer Lichtung. Ich beschloss eine Runde zu Fliegen. Dazu hab ich die Technik perfekt raus – ich trete auf die erste Luftstufe, drücke mich von der locker ab und lasse mich dabei einfach Fallen: Zack! Ich fliege und kann entspannt mit Gewichtsverlagerung steuern. Ich steige hoch und höher in die Luft. Gute, kalte Luft in abendlichem Sonnenschein. Besser geht es eigentlich nicht ... ich werde schneller und drehe ein paar Loopings. Dann beschließe ich einen Kurzflug über München, bevor ich dann vielleicht einfach so noch eine Runde schwimmen gehe. Ich bemerke neben mir einen kleinen Vogel, einen blauen Kolibri, der entspannt aber wahnsinnig schnell flatternd an meiner Seite fliegt.


„Gute Loopings!“ sagt der Kolibri.
„Danke!“ sage ich – und bin ein bisserl stolz. Lob von Fachleuten zählt ja immer besonders.
„Wirklich! Besonders, wenn man bedenkt, dass du ja eigentlich gar nicht fliegen kannst!“ sagt der Kolibri
„Was?“ frage ich.
„Ja! Wie soll das den gehen? Ohne Flügel?“ sagt der Kolibri und zuckt dabei mit seinen kleinen Schultern.
„Da hast du Recht!“ sage ich und stürze ab ... ich bin sehr hoch geflogen ... und falle dementsprechend lange ... auf dem langen Weg nach unten denke ich, dass es wohl vernünftig wäre noch einen Schluck aus dem Flachmann zu nehmen.
„Magst du auch nen Schluck?“ frage ich den Kolibri, der noch immer an meiner Seite im Sturzflug meinen Fall begleitet.
„Nein danke – NIE, wenn ich fliege!“ sagt der Kolibri verantwortungsvoll.

Ich nehme den Flachmann und darauf ist wieder ein blauer Post-It:

"Wirklich gute Loopings! Und lass dich das nächste Mal nicht von einem Kolibri verunsichern. Viel Spaß beim Blick in die Zukunft. Heute ist der 7.5.2021.
Dein Future-Ich“


„Stimmt – verdammter Kolibri!“ sage ich und schaue durch das Fenster, das nun auf dem Post-It erschienen ist.

Ich bin vor einem Museum. Das WdW-Museum ... aha! Ich trete näher und lese die Info-Tafel.


DAS WdW-MUSEUM

WdW. Das steht für „Wissen die Wenigsten“ Der Untertitel des Museums lautet: „Museum für die wirkliche Wahrheit hinter den Dingen“ zeigt schon, in welche Richtung das geht.

Im Frühjahr 2020 begannen in einem irren Ausmaß Verschwörungstheorien um sich zu greifen. Das freie Künstlerkollektiv M&S hat all diese verschiedenen Strömungen des Irrsinns zusammengetragen und in einer interaktiven Ausstellung aufbereitet. In einem virtuellen Raum kann man in einem ganz neuartigen Diskussionsspiel aus der Egoperspektive bei der Diskussion mit Verschwörungstheoretikern verzweifeln (der aktuelle Rekord bis zum verzweifelten Abbruch des Gesprächs: 7 Stunden 42 Minuten). In einem weiteren interaktiven Spiel kann man seine eigene Verschwörungstheorie spinnen – die beste wird Ende dieses Jahres beim Internationalen Wettbewerb „The Platinum Helmet“ gekürt.

In einem eigenen Raum gibt es eine wissenschaftliche Aufbereitung über das entstehen von Verschwörungstheorien aus psychologischer Sicht und eine historische Aufbereitung von Verschwörungstheorien.

Viel Spaß in dieser bunte Welt der kreativen Erklärungsversuche für schwer zu verstehende Zusammenhänge!

Der Bürgermeister


Das klingt aber enorm interessant. Ich betrete das Museum. Der erste Raum ist Bill Gates gewidmet. Sehr lustig gemacht. Bill morphed dann in einer sehr gut gemachten Holographie in einen Reptiloiden und im nächsten Raum crashed dann die Theorie der Hohlerde irre gut mit der Flat-Earth-Theorie zusammen, das ganze aufbereitet in einer surrealen Foto-Strecke. Ein paar der Texte an der Wand kommen mir komischerweise sehr bekannt vor.

Ich beschließe einen kurzen Abstecher in den Raum der Erklärungen zu Verschwörungstheorien – in einem kleinen abgedunkelten Mini-Kino läuft ein Interview-Film auf Dauerschleife. Es spricht ein Psychologe, der sich dem Phänomen mit seinen Forschungen zugewendet hat – ich höre mal rein.

„ ... man könnte das ungefähr so sagen: Es sind zumeist nicht die hellsten Kerzen am Baum und nicht die knusprigsten Chips in der Tüte, die sich in Verschwörungstheorien hinein steigern. Ganz grob und hart gesagt: Es sind die Dummen und die Hässlichen, die, denen in ihrem Leben ganz oft Halt, Bildung und Bestätigung fehlt. Ganz oft geht das ganze mit dem Dunning-Kruger-Phänomen einher, welches das Phänomen beschreibt, dass viele besonders inkompetente Menschen ihre eigene Inkompetenz nicht feststellen und darüber hinaus dazu neigen, ihre oft nicht kompatible Sicht der Dinge für besonders kompetent zu halten - sie halten sich also für viel schlauer als sie sind.
Eine weitere Ursache ist, dass gerade diese Menschen ein großes Problem mit Ambiguitätstoleranz zurecht zu kommen. Das bedeutet: Sie sind nicht in der Lage auszuhalten, dass es durchaus existentielle Fragen gibt, auf die es keine eindeutige Antwort gibt. Das auszuhalten bedarf einer gewissen Reife im Geist – wer diese nicht hat sucht krampfhaft nach Erklärungsmustern und findet diese dann in geschlossenen Verschwörungstheorien, in denen es auf jede Frage eine klare Antwort gibt, egal wie bescheuert die ist. Eine weiterer Effekt ist, dass die Abgehängten und am Rand der Gesellschaft stehenden, damit ein Mittel der Erhöhung haben: Sie haben den Schlüssel zu einem Wissen gefunden, dass die anderen nicht haben. Beruhigend konnten wir feststellen: Die Verbesserungen im Sozial- und Bildungssystem haben diese Szene stark ausgedünnt.
Es bleibt weiterhin ...“

Ich verlasse das kleine Kino wieder und gehe vorbei an einer Galerie, in welcher alle Verschwörungstheorien im 140-Zeichen-Twitter-Format an der Wand hängen und bei einer Berührung des Tweeds in einem multimedialen Hologramm aus Bildern, gesprochenen Texten und Filmausschnitten aufbereitet erscheinen. Cool!

Ich bleibe in einem weiteren Raum an einem Text stehen, in welcher es um eine Verschwörungstheorie geht, nach welcher riesige Oktopoden das Geschick der Welt lenken. Das liest sich wieder sehr vertraut ... sehr vertraut ... das liest sich irgendwie nach ... da sehe ich den Post-It:

„Morgen wieder!“
Weiter mit Folge 29

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