Montag, 18. Mai 2020

Heute in einem Jahr - Folge 33: 18.05.2020/21

Die letzte Post-It-Reise hat mich schwer irritiert zurück gelassen. Ich habe ja wirklich eine Schwäche für verschrobene Science-Fiction, gerne mit sehr viel visionärer Pseudo-Wissenschaft. Aber das hier? Das ist schon hart zu ertragen. Und dann diese ständigen Andeutungen. Oktopoden. Nanobots. Delphine. What? What? What? Was denke ich ... oder mein Future-Ich ... oder wer immer der Typ auch ist, der mir da Zettelchen schreibt ... was denkt der sich dabei? Will er ... oder es? ... vielleicht ist das ja gar kein Mensch der da kommuniziert? ...  mich nur verwirren.

Gedanken darüber haben mich das ganze Wochenende durch begleitet. Am gestrigen Sonntag habe ich dann versucht der Irritation über die vage angedeuteten Zukunftsszenarien Irritation in Form von koreanischen Rache Filmen entgegen zu setzen. „Sympathy für Mr. Vengeance“ und „Oldboy“ ... das hat ganz zuverlässig Gegenirritation gebracht. Aber nicht genug. Beim Zubettgehen kamen die Andeutungen über die Zukunft wieder hoch. In meinen Träumen mischte sich eine Demo von Verschwörungs-Doofs mit der legendären Hammer-Szene von Oldboy, in welcher sich die Hauptfigur nur mit einem Hammer bewaffnet durch eine ganze Armee von Gegnern prügelt. So prügelte ich mich auf einer dieser Demos durch eine Armee von Blödsinn salbadernden Esoterik-Ottos, Impfgegner-Wirrköpfen und Querdenker-Bommel-Trägern. Allerdings nutzte ich keinen Hammer sondern eine rund 150 cm lange Fleischwurst auf der  „Mindesabstand“ stand.

Die Demo war auf der Theresienwiese und ich schlug mich zur Bavaria durch. Dort angekommen traf ich Attila Hildmann, der meinte, die Wurst sähe lecker aus und ob er wohl ein Stück davon haben könne. Logo! Wurst kann Brückenschlag und Element der Verständigung sein, das sagte ich ja schon immer. Als ich ein Stück abschneiden will fällt mir der Post-It am Wurstzipfel auf:

"Wurstzipfel war schon immer eines meiner Lieblingsworte!“


„Meins auch ... aber das ist ja irgendwie nicht sonderlich verwunderlich!“ sage ich.


"Stimmt! Aber auch nicht zwingend, wie gesagt ...“

„ ... es ist kompliziert!“ ergänze ich.

"Richtig! Ist es. Tut mir leid, dass das alles verstörend ist – deshalb hast du heute die Wahl: Magst du lieber einen Blick in eine versöhnliche Zukunft werfen oder magst du mehr Irrsinn und Irritation? Heute hast du die Wahl!“

Ich muss nicht lange überlegen. Mir ist nach Versöhnlichkeit! Ich glaube, ein Blick in eine positive Zukunftsversion tut mir in der aktuellen Situation besser, als noch mehr irritierende Absurditäten. Und sehr gerne würde ich noch mal eine Runde durchs Viertel smoothen!

"Wäre auch meine Wahl gewesen! Na dann viel Spaß bei der heutigen Runde – ich hoffe, du ziehst daraus etwas Beruhigung, Kraft und Motivation!
Dein Future-Ich“

Ich blicke auf das nun mit einem Fenster bemalte Post-It am Wurstzipfel, es öffnet sich und ich finde mich in einer schon bekannten Perspektive. Ich sehe mir dabei zu, wie ich mit dem schnittig flotten Elektro-Lastenrad geschmeidig durchs Westend smoothe. Ich halte vor einem Laden in der Ligsalzstraße. Er heißt „Die Weltverbesserei“ mit dem beschreibenden Zusatz „Laden für Nachhaltiges, DIY-Zeug, Ent-Idiotisierungsmaterial und Mescal - Guten Kaffee gibt’s auch!“

Klingt super. Ich folge mir beim Betreten des Ladens und schau mir zu wie ich mich setze und dem Nachbar hinter dem Tresen winke, wortlos-wissend nicken beide und wenig später steht ein Kaffe vor mir, den ich aus eigener Erfahrung direkt als großen Triple-Shot-Cappuccino identifizieren.
Neben diversen Kaffeespezialitäten kann man in dem Laden bunt gemischte Produkte aus nachhaltiger Produktion kaufen, die meisten gefertigt von Produktionskollektiven aus dem Viertel. Es gibt auch interessante Produkte aus dem Rest der Welt ... zum Beispiel sehr stylische Messer, die aus altem Panzerstahl geschmiedet wurden.

Auf dem Tisch fällt mir ein hübsch aufgemachtes Zine, also ein verlagsfrei und in Eigenproduktion erstelltes Magazin, auf. Es heißt "AntiIdiotikum". Ich schaue mir beim Lesen über die Schulter. Der Artikel, den ich mit mir mitlese heißt „Andi, es war alles nur für dich!“

Ich fasse den Inhalt kurz zusammen. Geschrieben wurde der Artikel in der Ich-Form. In der Geschichte ging es darum, dass die ganzen Verschwörungstheorien, die Mitte 2020 so geballt zusammen kamen ganz gezielt gestreut wurden als ganz bewusste Verschwörungstheorie-Verschwörung (VTV). Initiiert ... oder besser orchestriert wurde das alles von Philipp Amthor von der CDU. Grund für diesen Aufwand: Er wollte den Fokus der Aufmerksamkeit möglichst weit weg von Andreas Scheuer wenden, in den er sich unsterblich verliebt hatte. Also sorgte er für möglichst viel Informations-Chaos und möglichst viele abwegige Theorien, mit dem Ziel, dass das nicht weniger abwegige Verhalten vom Verkehrsminister nicht weiter auffällt.
Gewagte Thesen ... die mir aber grade gegen Ende des Artikels gar nicht mehr so abwegig vorkommen. Blöderweise klebte direkt über dem Namen des Autors am Ende des Artikels ein Post-It:

"Morgen wieder!“
Weiter mit Folge 34

Keine Kommentare: