Gin ist ja so dermaßen en vogue ... das ist fast schon anstrengend. Kaum meinte ich mal einen Überblick über die Ginlage zu haben gibt es schon wieder drölfzig neue und das alleine aus Deutschland. Man könnte genervt sein von dem allgemeinen Reiten der Welle - aber ich bin es dennoch nicht, da es erstaunlich viele wirklich extrem gute Gins gibt und immer noch weiter welche dazu kommen.
Bis vor ein paar Jahren war das Ginsortiment ja mit Gordon, Sapphire, Tanqueray und Hendricks quasi am Ende ... aber jetzt ... Meterweise Gin in den Regalen ... umwerfend!
Da wird es mal Zeit, sich dieser Flut in einer Verkostungsserie zu appropinquieren ... und das mache ich jetzt und fange einfach mal mit dem neuesten Fang an, der mir just heute ins Netz ist - dem: Tanqueray Old Tom Limited Edition.
Tom, der alte Junge, ordentlich Dampf - aber freundlich |
Damit sich ein Gin Gin nennen darf muss er mindestens 37,5% vol. an Alk enthalten. Der Old Tom hier hat muskulöse 47,3%. Er meint es also ernst.
Old Tom? Was ist denn das eigentlich mit dem Old Tom? Wenn man nach der Literatur geht, dann ist der Old Tom ein "ursprünglicher Gin, der leicht gesüßt ist" (das liest man etwa hier, hier und in dem wirklich großartigen Buch "The Complete Guide Gin & Tonic", S. 71) - er gilt als süßer als der London Dry und herber als der Ur-Gin Genever, ist heute recht selten, gewinnt aber im Zuge der allgemeinen Ginifizierung der Getränkewelt ebenfalls eine Renaissance.
Ich finde es ja seltsam, dass ich auf der Homepage von Tanqueray zu diesem neuen Exponat rein gar nichts finden lässt ... aber mei ... kann ich den Geschmack dort auch nicht abschreiben und muss selbst verkosten.
Die Nase ehrt den Wacholder. Und ich bilde mir ein noch eine ganze Fülle klassischer Kochgewürze, nämlich Piement und Lorbeer zu erschnuppern. Danach kommt Ingwer und Zitrus. Spannend: trotz der sehr ambitionierten Umdrehungszahl riecht er nicht sprittig oder übertrieben alkoholisch, sondern eher balsamisch, süßlich und ... doch ... frisch.
Pur getrunken würde man, hätte man nicht zuvor geschnuppert und wäre bereits der bald schüchtern zurückhaltenden Sanftheit gewahr geworden, erwarteten, dass einem die schiere Alkoholmenge gepflegt einen auf die Zwölf zimmert. Das passiert aber nicht. Im Gegenteil. Aber sowas von im Gegenteil. Dieser Old Tom schmiegt sich lange und genüsslich über die Papillenwelt des gesamten Mundraums und scheint seinerseits forschend zu schauen, was er denn selbst an dem schmecken kann, der ihn da gerade trinkt.
Er bestätigt alle zuvor per Rüssel inhalierte Aromen und bringt eine sehr angenehme Süße mit, die ihn lange verweilen lässt. Er ist sehr leicht pur zu trinken und schreit nicht nach Mixern - nein, grade neat und gradeaus auf Zimmertemperatur getrunken, zeigt dieser Gin, wie sehr man diese Spirituose pur trinken kann und soll - aber ja nicht muss ... denn auch vermixt macht er großen Spaß - doch dazu später mehr.
Pur getrunken also: Es schmiegen sich jede Menge Wacholder, dann Lorbeere und Piement, dann etwas Muskat und Zimt durch die Geschmacksrezeptoren. Dann kommen die zitrusiesken Schalen geschmeidig daher. Zitronengras? Möglich! Palmzucker? Bei mir kommt es rezeptorisch jedenfalls so an.
Kaum schreibe ich das alles, versuche ich, streng wissenschaftlich motiviert eine Gegenprobe und kredenze einer zufällig in den Raum kommenden Madame einen Schluck und ernte den Kommentar: "Boah! Der ist aber SCHARF! Ui!" ... nun --- ähm ... ich verkoste sicherheitshalber noch viermal nach und bleibe anderer Meinung. mild. Mild. MILD!
Ja und mischen kann man diesen Tanqueray Old Tom Limited Edition auch - ich mixe einen Tom Collins:
6 cl Tanqueray Old Tom Limited Edition
2 cl Limettensaft
2 cl Zitronensaft
2 cl Zuckersirup
Auf Eis im Shaker kräftig shaken und auf Eis in ein Longdringlas (... jajaja ... ist ein Caipiglas ... aber da passt halt mehr rein ... und ich bin ein durstigerdurstiger Mann) - mit Soda auffüllen.
Geschmeidig.
Old Tom mit seinem Sohn, dem Tom Collins |
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