Montag, 6. April 2015

Versuchsküche: Haggis

Haggis.
Ein Mythos der Highlands.
Eine Spezialität für Spezialisten.

Ein vom Dichter Robert Burns besungener Schatz der Schotten. Besungen in dieser Ode:

The Address to a Haggis (1786)
Fair fa’ your honest, sonsie face,
Great Chieftain o’ the Puddin-race!
Aboon them a’ ye tak your place,
Painch, tripe, or thaim:
Weel are ye wordy of a grace
As lang’s my arm.
The groaning trencher there ye fill,
Your hurdies like a distant hill,
Your pin wad help to mend a mill
In time o’ need,
While thro’ your pores the dews distil
Like amber bead.
His knife see Rustic-labour dight,
An’ cut you up wi’ ready slight,
Trenching your gushing entrails bright
Like onie ditch;
And then, O what a glorious sight,
Warm-reekin’, rich!
Then, horn for horn they stretch an’ strive,
Deil tak the hindmost, on they drive,
Till a’ their weel-swalled kytes belyve
Are bent like drums;
Then auld Guidman, maist like to rive,
Bethankit hums.
Is there that owre his French ragout
Or olio that wad staw a sow,
Or fricassee wad mak her spew
Wi’ perfect sconner,
Looks down wi’ sneering, scornfu' view
On sic a dinner?
Poor devil! See him owre his trash,
As feckless as a withered rash,
His spindle shank a guid whip-lash,
His nieve a nit;
Thro’ bluidy flood or field to dash,
O how unfit!
But mark the Rustic, haggis-fed,
The trembling earth resounds his tread,
Clap in his walie nieve a blade,
He’ll mak it whissle;
An’ legs, an’ arms, an' heads will sned,
Like taps o’ thrissle.
Ye Powers wha mak mankind your care,
And dish them out their bill o’ fare,
Auld Scotland wants nae skinking ware
That jaups in luggies;
But, if ye wish her gratefu’ prayer,
Gie her a Haggis!
 
Als große Freunde der Innereienküche mussten Kochkollege Kemmler und ich uns nun endlich auch mal hieran wagen.

Denn Haggis, das ist gefüllter Schafsmagen. Gefüllt mit Herz, Leber, Lunge und Nierenfett im Zusammenspiel mit Zwiebeln, Hafermehl und reichlich Pfeffer.

Wie? Was? Was höre ich da? "Wie kann man denn sowas nur essen?" Also Moment mal bitte - ich frage zurück: Wie nicht?

Zum einen meine ich, dass zu einem bewussten Fleischkonsum Ganzheitlichkeit gehört. Wenn man schon ein Tier schlachtet, dann sollte man es auch so ganz und gar wie möglich verwerten. Sich dann nur das Filet zu schnappen und den Rest einfach liegen zu lassen, das halte ich ganz einfach für falsch. Das Igitt, das mit Innereien einher geht, das ist - da bin ich überzeugt - zunächst mal eine Kopfsache. Organe ... üüüü ... aber auch das ist Fleisch - und wenn man es richtig zubereitet auch noch verdammt leckeres.

Verdammt lecker - damit kommen wir zu dem anderen Aspekt der Innereien: Man sieht damit das Geschmacksspektrum und entdeckt und erlebt ganz neue Aromen. Und die in einer Tiefe und Fülle, die jedes Filet furchtbar blass und langweilig aussehen lassen. Richtig zubereitet, wohlgemerkt.

Wir haben uns entschieden, dem Haggis in unserer Versuchsküche eine kleine Verjüngungskur zu bescheren - und fangen dabei schon beim Fleisch an - statt Schaf oder Hammel nehmen wir Lamm.

Und noch etwas zu Innereien - im Vergleich zu Filet sind Innereien einfach unheimlich günstig. Wir raten: Ausprobieren! Nur Mut!

Was man dafür braucht, das ist das sogenannte Geschlinge. Das ist der Verbund aus Lunge, Herz, Zwerchfell und Leber. Wir hatten noch ein Bries dran, die Wachstumsdrüse vom Lamm. Das Bries war sanft gebraten unser Vorab-Snack - yummy!

Auf das Nierenfett verzichten wir, denn das wird leicht extrem tranig.

Das Geschlinge vom Lamm
Das Geschlinge hat Sven zuvor mit Zwiebeln, Nelken und Sternanis in Milch eingelegt.

Durch das Einlegen in Milch wird das Fleisch milder und zarter.

Eingelegtes Geschlinge
Danach kommt das Geschlinge für eine knappe Stunde in den Schnellkochtopf zusammen mit einem guten Schuss Brandy.

Geschlinge im Schnellkochtopf
Nach der Runde im Schnellkochtopf verkosten wir die Einzelkomponenten und sind restlos begeistert.

Highlight ist die Lunge: Sie ist butterzart und schmeckt etwas nach Wild und leicht nach Leber. Ein intensiver Geschmack in einer wirklich großartigen Textur.

Auch das Lammherz schmeckt großartig. Sehr zart mit noch leichtem Biss - geschmacklich eher an einem Rinderbraten als an Schaf. So verhält es sich auch mit dem Zwerchfell - ebenfalls sehr zart und geschmacklich hervorragend.

Die Leber ist nach dem Schnellkochtopf recht hart und trocken - zum pur verputzen ist die Leber eben etwas zum Kurzbraten oder ganz langsam schmoren. Aber: Sie soll ja Teil einer Füllung werden.

Wir beschließen 2 Füllungen:
Einmal asiatisch angehaucht mit Haferflocken, Nüssen, Chili und Fischsoße und einmal eher klassisch mit Buchweizen, Pfeffer und einem Schuss Balsamico. Vom Saumagen inspiriert ergänzen wir bei beiden die Zwiebeln um Kartoffeln und Petersilie.

Füllungsergänzung

Asiatisch angehaucht - das nächste mal bekommt das noch mehr Thai-Schliff mit Koriander und Kaffirblättern.  
Die Buchweizenvariante - hier würde sich zusätzlich noch etwas Senf auch gut machen. 
Die beiden Füllungen stopfen wir dann liebevoll in Schweinemägen, denn Schafsmägen waren auch beim besten Bemühen nicht zu bekommen.

Das sind die beiden Kameraden.
Wir beschließen zu den unterschiedlichen Füllungen auch unterschiedliche Garmethoden - Der Thai kommt bei rund 160° für 1,5 Stunden in den Ofen, die Buchweizenvariante simmert für die gleiche Zeit entspannt im Wasserbad.

In der Zwischenzeit bauen wir die Beilagen - Ein sahniges Weißkohlgemüse mit Chili und ein getrüffeltes Kartoffelpü.

Kohl
Kohl und Pü in der Pfanne vereint
Dann ist er da, der erhabene Moment des Anschnitts - aus langer Saumagenanschnittserfahrung halte sich sicheren Abstand um nicht von einem siedendheißen AnstichCumShot ins Auge getroffen zu werden. Nicht schon wieder. Aber es passiert nichts.

Aus dem Ofen - wenn das nicht zum anbeißen ausschaut.
erfolgreicher Anschnitt
Aus dem Wasser - prall und fest.
Schnittfest und edel mit königlichem Glanz.
Und final auf dem Teller angerichtet.

Für einen ersten Versuch in Sachen Haggis! Yeah! Wir klatschen High Five ab und geben begeistert Fäustchen. Well done.

Vorschau: Nächstes Jahr. 25. Januar. Burns Night! We will celebrate!

Slainte Mhath!


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